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Die Schweiz ? mehrsprachig, geschäftstüchtig und ein Staat dank Europa

Fragen und Aufzeichnung: Cordula M. Kessler und Boris Schibler

In seinem im Herbst 2014 erschienenen Buch Mitten in Europa: Verflechtung und Abgrenzung in der Schweizer Geschichte stellt der Berner Historiker André Holenstein Schweizergeschichte als transnationale Geschichte dar. Austausch und Einfluss waren prägend für Staatswerdung und Nationenbildung der Schweiz wie auch für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Im Gespräch erscheint das Bild einer Schweiz, die auf vielfältige Weise mit Europa verbunden war und ist.

NIKE: Wenn Sie im Zusammenhang mit der Schweizergeschichte an das Thema «Austausch ? Einfluss» denken, was fällt Ihnen spontan dazu ein?

André Holenstein (AH): Dass man die Schweiz nicht versteht, wenn man sie nicht vor dem Hintergrund ihrer Verflechtungen und des Austauschs mit dem Ausland betrachtet. Die Schweiz ist existenziell auf den Austausch angewiesen ? er ist die condition d?être des Landes. Die Verflechtung mit Europa war insofern bedeutend, als es zu verschiedenen Zeiten nicht in der Hand der Schweiz lag, ob es das Land noch geben würde oder nicht ? die Entscheidung darüber fällten andere. Sie entschieden sich für die Existenz der Schweiz, weil sie fanden, dass diese im Zusammenhang mit der grösseren europäischen Ordnung sinnvoll sei; die Schweiz sollte in einem geopolitisch neuralgischen Raum in Europa die Funktion einer Pufferzone zwischen den Grossmächten ausüben. Die transnationalen Verflechtungen waren und sind entscheidend für die Existenz der Schweiz.

Gibt es Ähnliches, wenn man das Zusammenwachsen der Schweiz zum Bundesstaat betrachtet?

AH: Die Schweiz ist das Paradebeispiel einer gelungenen Integration. Man könnte sie als «europäischstes Land» bezeichnen, denn sie liefert gewissermassen die Blaupause für den europäischen Integrationsprozess. Wie entsteht aus einer Ansammlung von Kommunen, Städten und Gebieten, die sich aus ganz unterschiedlichen Interessen verbinden, ein Staatsgebilde? Deren Zusammenschluss erfolgt keineswegs in der Absicht, einen Staat zu gründen, man will im Gegenteil die eigene Autonomie, später sagt man Souveränität, möglichst bewahren, findet aber, man sei stärker im Verbund mit Anderen. Die entscheidenden 50 Jahre, in denen dieses Konglomerat in einen Bundesstaat überführt wird, zwischen 1798 und 1848, sind eine äusserst turbulente Phase, wie sie in dieser Intensität in der Schweizer Geschichte sonst nicht vorkommt. Es ist eigentlich eine einzige Kette von Revolutionen und Konterrevolutionen, von Freischarenzügen und massiver ausländischer Intervention. Daran zeigt sich, wie anspruchsvoll und komplex Integrationsprozesse eben sind. Im Vergleich dazu ist der europäische Integrationsprozess des letzten halben Jahrhunderts bemerkenswert zügig und friedlich verlaufen ? und erst noch unter demokratischen Voraussetzungen.

Bild: Jeanmaire & Michel

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