Menu

Importierte Prachtentfaltung ? Die Orangerienlandschaft der Schweiz in drei Beispielen

«Wissen Sie denn nicht, dass es sich mit den Orangen wie mit dem Porzellan verhält, wen einmal diese Leidenschaft gepackt hat, der kann von beidem niemals mehr genug bekommen». Ganz eindrücklich beweist diese Aussage von August dem Starken (1670-1733), dass es sich damals (1726) mit den Orangen verhielt wie heute mit teuren Sportwagen: Sie waren Statussymbole und wer es sich leisten konnte, hatte eine ganze Sammlung davon.

Während Orangen in der heutigen Zeit bei jedem Detailhändler um die Ecke ganzjährig angeboten werden, so waren diese, wie auch die anderen Zitrusgewächse, bis ins 19. Jahrhundert nördlich der Alpen nur selten anzutreffen. Wer sich eine ganze Sammlung solcher Pflanzen leisten konnte, gehörte zu den einflussreichsten und vor allem reichsten Zeitgenossen. August der Starke war einer davon. Das Sammelfieber, welches ab 1720 ganz Europa erfasste, war bei ihm schon früh ausgebrochen und hatte zur Folge, dass die Orangerie in Dresden (Zwinger) zu ihren besten Zeiten über 1100 Orangen- und Zitrusgewächse beherbergte.

Zitrusfrüchte wurden um das Jahr 300 v. Chr. über Handelsbeziehungen von Asien nach Südeuropa eingeführt. Um das Jahr 1000 gibt es erste Berichte von kultivierten Zitrusgewächsen auf Sizilien. Im 16. Jahrhundert konnten schliesslich die ersten Gewächse auch nördlich der Alpen angepflanzt werden. Der Anbau von Zitruspflanzen in unseren Breitengraden wird durch mehrere Faktoren erheblich erschwert. Erstens mussten die empfindlichen Pflanzen auf langwierigen und mühsamen Wegen an ihren Bestimmungsort transportiert werden, wobei viele zugrunde gingen. Zweitens müssen die Pflanzen im Winter vor Frost geschützt werden. Und drittens erfordern Zitrusgewächse eine zeitintensive Pflege von qualifiziertem Personal. Diese Umstände führten dazu, dass es sich nur sehr finanzkräftige Familien überhaupt leisten konnten, solche Gewächse ihr Eigen zu nennen. In der ersten Zeit wurde viel experimentiert und optimiert. So wurden die Bäume zuerst fest in den Boden eingepflanzt und in der kalten Jahreszeit ein temporärer Bau darum herum erstellt. Der hohe Aufwand des Auf- und Abbaus führte aber bald dazu, dass die Pflanzen in portable Kübel gesetzt wurden und im Winter in extra gebauten Orangerien ihren Platz fanden. In der warmen Zeit konnte das Gebäude praktischerweise als Garten- oder Festsaal verwendet werden. Die Pflanzen wurden auf dem Orangerieparterre im Barockgarten zur Schau gestellt.

Neben diesen technischen Voraussetzungen war vor allem im 17. und 18. Jahrhundert die Verknüpfung mit der Mythologie besonders wichtig. Den antiken Heldenmythos des Herkules nahmen viele absolutistische Herrscher als Legitimation ihrer Macht. Eine Prüfung, welche Herkules bestehen muss, ist, die goldenen Äpfel der Hesperiden zu stehlen. Diese Früchte, die Herkules durch eine List erlangt, werden schon in der Antike als Zitronatzitronen identifiziert. Der Sammler von Zitrusgewächsen stellt sich damit auf die gleiche Ebene mit einem Halbgott. Die Orangerie ist ein Zeichen von Macht und Stärke und gehört in dieser Zeit zum Selbstverständnis eines Herrschers. Vom Kaiser bis zum einfachen Grafen gehörte ein prächtiger Garten mit fremden Gewächsen zum Standard der herrschaftlichen Repräsentation. Nicht selten spielte dabei die Orangerie eine zentrale Rolle.

 

Bild: Simon Berger

... Artikel als PDF

  • Aktuell
  • Denkmaltage
  • Newsletter
  • Bulletin
  • Politische Arbeit
  • Weiterbildung
  • Agenda
  • Publikationen
  • Organisationen
  • Grundlagen
  • Über uns
  • Medien
  • Kontakt
  • Deutsch
  • Français
  • Italiano
  • Einloggen